Gesundheit

Fünf Fakten zu Corona-Mutanten: Bill Gates erklärt, wie wir sie in den Griff bekommen können

Das Coronavirus ist hartnäckig und es ist schlau. Es entwickelt sich weiter, immer neue Sars-CoV-2-Varianten werden entdeckt. Am meisten Ärger macht derzeit die Mutante B.1.1.7, die zuerst in Großbritannien entdeckt wurde. Sie ist weitaus ansteckender, verbreitet sich schneller. In Deutschland hat B.1.1.7 fast alle anderen Varianten des Virus verdrängt, sie macht inzwischen laut Robert-Koch-Institut einen Anteil von etwa 90 Prozent aus.

Welchen Einfluss haben die Mutationen auf das Bestreben, die Pandemie zu beenden? "Die Welt hat einen langen Weg im Kampf gegen Covid-19 zurückgelegt, aber neue Varianten des Virus könnten den Fortschritt, den wir im letzten Jahr gemacht haben, gefährden", schreibt der US-amerikanische Unternehmer Bill Gates in seinen "GatesNotes". Und dröselt auf, warum und wie die Mutationen die aktuelle Situation komplizierter machen.

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1. Das Coronavirus mutiert – das tun Viren nun mal

Inzwischen haben wir es nicht mehr mit nur einer Variante des Virus in der Covid-19-Pandemie zu tun, sondern mit einer ganzen Reihe. Dass das passieren würde, ist allerdings keine Überraschung. Denn Viren, das ist hinlänglich bekannt, entwickeln sich fortwährend weiter. Das beste Beispiel dafür: das Grippevirus. "Wenn Sie jemals eine Grippeimpfung bekommen haben, hatten Sie bereits mit einer Virusvariante zu tun", schreibt Gates. Das Grippevirus verändert sich stetig. Deshalb müssen die Impfstoffe jährlich angepasst werden, damit sie auch gegen die sich verändernden Virusstämme wirken. Das ist aufwendig und teuer, aber notwendig. Denn, so erklärte im stern-Interview kürzlich Immunologe Marcus Goettrup: "Die echte Grippe fordert jedes Jahr Zehntausende von Toten, vor allem bei Älteren und Kleinkindern und ist eine durchaus sehr gefährliche pandemische Infektion."

"Das Coronavirus hat – wie alle Viren – nur ein Ziel: sich zu vermehren. Jedes Mal, wenn das Virus in Ihre Zellen eindringt, bringt es die Zelle dazu, den in seiner RNA kodierten Anweisungen zu folgen, um mehr Kopien des Virus herzustellen", führt Gates aus. Bei diesem Kopiervorgang aber passieren Fehler. Wer einmal einen Schreibmaschinenkurs belegt habe, wisse, wie schwer es ist fehlerfrei Kopien anzufertigen. "Der Code für den Virus, der Covid-19 verursacht, ist etwa 30.000 Buchstaben lang. Das sind eine Menge Möglichkeiten, etwas falsch zu machen – was das Coronavirus oft tut", erklärt er. Hin und wieder entstünden dabei Mutationen, die infektiöser sind oder die dem Immunsystem entgehen.

2. Die Mutationen wiederholen sich – eine gute Nachricht?

Dass sich Viren verändern, ist ein Naturgesetz. Allerdings gibt es hierbei große Unterschiede. Während das Influenzavirus dafür bekannt ist, schnell zu mutieren, ist das Sars-CoV-2 Virus im Vergleich eher träge, es mutiere nur etwa halb so schnell wie das Grippevirus, schreibt er. Zudem handele es sich bei Sars-CoV-2 um ein "viel einfacheres Virus" als das Grippevirus. Während Influenzaviren aus acht genetischen Segmenten bestünden, die sich auf vielfältigste Weise immer neu anordnen könnten, seien die bisher relevantesten Corona-Mutationen alle an der gleichen Stelle entstanden: am Spike-Protein an der Oberfläche des Virus.

"Dieses Spike-Protein ist der Schlüssel für die Ausbreitung von Covid", schreibt Gates, es ermögliche dem Virus, sich an menschliche Zellen zu klammern. Verändert sich dieses Protein, kann das einerseits dazu führen, dass das Virus noch besser an die Zellen andocken kann oder aber, wenn es sich stark verändert, dass er keinen Zugang mehr findet.

Das Virus habe, so Gates, beschränkte Fähigkeiten sich zu verändern. Das könnte erklären, "warum wir an unterschiedlichen Stellen immer wieder die gleichen Mutationen auftreten sehen und nicht viele verschiedene Variationen". Die in Großbritannien entdeckte Variante B.1.1.7 und B.1.351, die zuerst in Südafrika gefunden wurde, hätten sich zwar unabhängig voneinander entwickelt, teilen sich aber eine Reihe von gleichen Mutationen. Gates: "Offensichtlich gibt es etwas an diesen spezifischen Mutationen, das es wahrscheinlicher macht, dass sie sich durchsetzen als andere Veränderungen."

Dass aktuell immer neue Corona-Mutationen gefunden werden, erklärt er damit, dass das Virus auf der ganzen Welt zirkuliere und damit mehr Möglichkeiten hätten, sich zu verändern. Er meint: "Sobald die Fallzahlen zurückgehen, werden neue Varianten vermutlich viel seltener auftauchen."

3. Das Virus wandelt sich, aber der Weg aus der Pandemie bleibt gleich

Die Pandemie soll beendet werden. Damit das möglich wird, muss das Virus so gut wie möglich in Schach gehalten werden, die Ausbreitung eingedämmt werden. Zumindest solange, das sei die wiederholte Ansage der Experten in den vergangenen Monaten gewesen, bis ein Impfstoff entwickelt und für alle zugänglich ist. Inzwischen wird geimpft. In den USA schreitet der Impffortschritt rasant voran. Gates zieht eine positive Bilanz: "Die gute Nachricht ist, dass viele der heute verwendeten Impfstoffe schwere Erkrankungen zu verhindern scheinen, selbst bei den neuen Varianten." Dies sei ein Beweis dafür, wie wirksam die Impfstoffe im Allgemeinen seien.

Wird eine Aktualisierung der Corona-Impfstoffe ähnlich wie bei den Grippe-Impfstoffen notwendig? Das kann noch keiner beantworten. Um herauszufinden, wie wirksam jeder einzelne Wirkstoff auch gegen die verschiedenen Varianten wirke, würden noch viele Daten benötigt werden. Aber: "Viele der ersten Zahlen sind beruhigend". Gates verweist auf Israel, wo nicht nur viele Menschen bereits geimpft seien, sondern auch die B.1.1.7-Variante die vorherrschende sei. An modifizierten Impfstoffen wird dennoch bereits gearbeitet. Diese könnten, so Gates, "in ein paar Monaten auf den Markt kommen, wenn dies für notwendig erachtet wird". Gemeint sind sogenannte Auffrischungsimpfungen, die vor weiteren Virenstämmen schützen.

Das beste Mittel das Aufkommen weiterer Corona-Varianten zu verhindern? Neuansteckungen unterbinden. Er erinnert noch einmal an die geläufigen Krisen-Werkzeuge: "Wenn wir wachsam bleiben beim Abstandhalten, eine Maske tragen und uns impfen lassen, werden wir die Pandemie viel früher beenden können." 

4. Impfstoff für alle

Je mehr vom Coronavirus in der Welt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich weiterentwickelt. "Niemand will, dass das passiert. Der beste Weg, das zu verhindern, ist, den Impfstoff an alle zu verteilen, die ihn brauchen, egal wo sie leben", schreibt Gates. Denn andernfalls müsse man mit der Möglichkeit leben, dass irgendwann ein Virusstamm auftauche, der nicht nur schlimmer sei als die bisherigen, sondern der auch gegen die Impfstoffe resistent sei. 

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5. Lernen fürs nächste Mal

Viren und Virusvarianten sind unvermeidlich. Es ist durchaus möglich, dass die Covid-19-Pandemie nicht die letzte Pandemie ist. Gates hofft, dass der Unterschied beim nächsten Mal darin bestehe, "dass wir besser vorbereitet sind, um diese Varianten früher zu erkennen". Als Schlüssel nennt er die genetische Sequenzierung gepaart mit einer besseren Krankheitsüberwachung. Wissenschaftler nehmen solche Sequenzierungen schon jetzt vor. Diese ermöglicht es, die Varianten genau zu analysieren und die Stämme miteinander zu vergleichen. Finden sie einen neuen Virusstamm, der sich ausbreitet, können sie unter anderem an Hand von Infektions- und Todesraten sehen, wie gefährlich die Variante ist. 

"Großbritannien hat fast 8 Prozent seiner Tests analysiert und diese Daten mit seinen Überwachungsmöglichkeiten verknüpft, was half zu erkennen, dass sich B.1.1.7 viel schneller ausbreitete und tödlicher war", so Gates. Und auch in Südafrika habe man schnell Ergebnisse zu der Frage liefern können, ob die Impfstoffe gegen B.1.351 wirken, weil man klinische Studien mit sequenzierten Daten verglichen habe. "Eine umfassende Sequenzierung sollte Teil eines jeden Plans zur Vorbereitung auf die nächste Pandemie sein", meint er. Je früher eine Variante identifiziert werde, desto mehr Zeit habe man, sie zu untersuchen und, falls nötig, Impfstoffe und Therapeutika auf die eingetretenen Veränderungen abzustimmen.

Quelle: GatesNotes

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